Das Projekt „Bewegungen“
Mit der langsamen Öffnung des kulturellen Lebens im Herbst 2021 ergab sich auch ein signifikanter Impuls für die künstlerische Arbeit. Führte die Corona-Pandemie zunächst weniger zu einer künstlerischen Sprachlosigkeit als vielmehr zu der elementaren Erkenntnis, dass künstlerisches Tun Öffentlichkeit benötigt, um überhaupt relevant zu sein. Erst die Begegnung, die Konfrontation und die Reflexion mit Rezipienten verdeutlicht die Sinnhaftigkeit künstlerischen Tuns, die zwar einerseits die stille Arbeit im Atelier ausmacht, andererseits aber keine Kunst der Kunst wegen darstellen soll, kann und möchte. Nachdem das erste Projekt „UNSICHTBAR“ den Verlust der Öffentlichkeit formal als künstlerische Aktion darstellte, wurde mit dem zweiten Projekt „Bewegungen“ angestrebt, der veränderten Situation von künstlerischem Tun und Öffentlichkeit zu entsprechen. Als Sujet für diesen zweiten Schritt erschien die Auswahl eines Malerei immanenten Problemfeldes sinnvoll und folgerichtig. Sobald man den Begriff einer neuen Lebendigkeit nach dem Lockdown wörtlich nimmt, bietet sich der Begriff der Bewegung als Leitmotiv für diese künstlerische Auseinandersetzung an. Zwar schließt die grundsätzliche Statik eines Bildträgers den Begriff der Bewegung aus, andererseits vermag die Malerei abstrakte Begriffe wie Bewegungen und Bewegung zu illusionieren. Faktisch werden keine echten Bewegungen gezeigt, vielmehr entsteht die Idee einer Bewegung. Um daraus ein interaktives Projekt gestalten zu können, erschien es naheliegend, eine Bilderreihe wie einen Filmstreifen zu schaffen, der immer wieder neue Einstellungen zeigt und auch mit den filmischen Mitteln Schnitt und Gegenschnitt arbeitet. So wurde vor diesem Hintergrund ein Bilderband konzipiert, das bei einer einheitlichen Höhe von 55 cm unterschiedliche Formatbreiten aufweist und als Installation möglichst fortlaufend gehängt werden soll. Ein Rhythmus innerhalb der Bilderfolge ergibt sich auch durch die Verwendung der Medien Fotografie und Malerei.
Inhaltlich wurde einerseits mit dem Medium Fotografie versucht, Bewegungen fotografisch über die Kameraführung zu generieren indem bestehende Gemälde im Atelier aus der Bewegung heraus fotografiert wurden, als fotografische Bilder quasi unscharf erscheinen und damit den Begriff der Bewegung assoziieren lassen. Übertragen auf die Malerei ergab sich die Prämisse, formal streng reduzierte gegenstandsfreie Abstraktionen ohne lesbare narrative Bezüge zu entwickeln, die auf der Basis gestischer Abstraktionen entstanden. Zudem werden diese Malereien von grafischen Notationen überlagert, die wie freie Partituren das Motiv der Geschwindigkeit gleichsam kommentieren, erweitern, markieren und präzisieren. Damit ergibt sich im Ganzen ein Dialog differenter Visualisierungsformen, die vor dem Hintergrund der vorgegebenen Thematik unterschiedliche Brechungen der Blicke der Betrachter intendieren und das Spannungsfeld von Denken und Machen sowie den Prozess der Bildfindung überhaupt problematisieren.
Insgesamt entstand, quasi als Folge, ein über 20 Meter langer Bilderzyklus aus 29 Fotografien und Malereien, der als rhythmisiertes durchlaufendes ‚Bilderband‘ konzipiert ist und auch in Bewegung „en passant“, also beispielsweise bei einer zusammenhängenden Präsentation, rezipiert werden soll.
Die künstlerische Produktion nach der Pandemie kann daher als positiv konotiert präsentiert werden und stellt eine folgerichtige und nachvollziehe Gegenposition zu meinem eher destruktiv geprägten Projekt „UNSICHTBAR“ her.
Dieses Projekt wurde gefördert mit Mitteln des Landes Niedersachsen auf Beschluss des Niedersächsischen Landtages.
Gefoerdert mit Mitteln des Landes Niedersachsen auf Beschluss des Niedersächsischen Landtages