Über den Bilderzyklus: Nordhorn | Neue Blicke auf Stadtansichten bis 1914 mit Entgegnungen
Eine Stadt ist mehr als eine urbane Agglomeration. Eine Stadt ist eine Idee, eine Schablone für Vorstellungen, die über das reine Sosein hinausgeht. Besonders prägnant für diese Idee, die zu einem Bild der Stadt führt, ist ein kollektives Vergangenheitsbewusstsein, das sich aus überkommenen Bildern ergibt. Historische Bilder dokumentieren das Gestern, veranschaulichen Wandlungsprozesse, erklären die Gewordenheit oder kritisieren die Bezugslosigkeiten. Gemein ist allen Erklärungsansätzen, dass die öffentlichen Bilder als Dokumente städtischer Vergangenheit weder objektiv noch wertfrei sind. Vor hundert Jahren stellten sie im Wesentlichen Pittoreskes, scheinbar Markantes, Besonderes oder Typisches dar.
Bei den erhaltenen Bildern Nordhorns bis 1918 handelt es sich nahezu ausschließlich um Abbildungen, die derzeit als Postkarten angefertigt wurden. Darüber hinaus existieren lediglich Stiche vom Kloster Frenswegen und von der Alten Kirche am Markt, die das vorfotografische Nordhorn abbilden. Recherchen im Museum für Stadtgeschichte ergaben, dass die Ansichten auf zumeist repräsentative Bauwerke ausgerichtet waren, die aus dem Alltäglichen herausragten, weil sie entweder damals als modern oder als ortstypisch gesehen wurden. Ein stattliches Geschäftsgebäude in der Hauptstraße, das Hotel Koopmann in der Bahnhofstraße, das alte Postamt und das neuere alte Rathaus präsentierten sich seinerzeit den Fotografen positiv besetzt als moderne und städtisch geprägte Gebäude, die als architektonisches Äquivalent zum aufkommenden wirtschaftlichen Erfolg der Textilindustrie verstanden werden können und damit imagebildend wirkten.
Mein konkretes Projekt „Nordhorn |Neue Blicke auf Stadtansichten bis 1914 mit Entgegnungen“ bezieht sich auf eben diese Mental-Maps eines diffusen Gestern, eine unspezifische Kombination der Vorstellung dieser Stadt vor etwa 100 Jahren, die mithilfe von Gebäuden scheinbar menschliches Empfinden abbildet und damit aus heutiger Sicht die Begriffe Vergänglichkeit, Vergessen und Überleben spiegelt.
Aus diesen Erwägungen heraus wurden 13 Motive zum Thema gesammelt und künstlerisch bearbeitet. Die historischen Ansichten wurden zunächst grundlegend verfremdet und damit ergab sich eine erste gewollte Brechung des Blicks auf den architektonischen Bestand von gestern. Abstraktionen durch Überlagerung, Duplizieren und Reduktion der Tonalität mithilfe der digitalen Bildbearbeitung dienten jeweils als Grundlage für eine weitere gestalterische Überarbeitung, die mit zeichnerischen Bildebenen Systeme und Raumorganisationen schaffte und damit dem Grundlagenbild eine Erweiterung zukommen lässt, die nicht konkret übersetzt ist und lesbar erscheint, sondern eine eher sinnliche Bezugsebene hinzufügt. Die affektive Qualität eines gegenstandsfreien Bildes charakterisiert auch den jeweils zweiten Bildteil, der als nahezu monochrome Malerei eine streng individuelle Bedeutungsebene zum Gegenstand hat. Die Dunkelheit verbirgt das Konkrete, lässt ahnen und vermuten, bleibt unerklärlich und diffus. Das Gegenüber dieser Abstraktion und der verfremdeten Stadtansicht ist als Dialog zu sehen, sodass inhaltlich folgerichtig und gestalterisch eine Verbindung über die die einzelnen Bildflächen überlagernden Elemente geschaffen wird. Mit Hilfe der Holzschnitttechnik wurden Wellenmotive gedruckt, die die Bilder verbinden, überdecken und Reflexionen ansprechen, die wiederum das Motiv der Brechung des Blickes zum Gegenstand haben.
So stellt die Serie von 13 Diptychen zum Thema „Nordhorn |Neue Blicke auf Stadtansichten bis 1914 mit Entgegnungen“ den Dialog von kollektivem Bild und individueller Entgegnung dar und spielt mit dem Begriffspaar von scheinbarer Objektivität und Emotionen, von Imagination und Rezeption.
Basiert der erste Werkblock auf dem Prinzip, zwei Bildwerke miteinander in Beziehung zu bringen und einen Dialog von Narrativem und Gegenstandsfreiem zu initiieren, so begegnen sich in der zweiten Serie unterschiedliche inhaltliche Bezugsfelder auf einer Bildfläche in mehreren Bildebenen. Das „Miteinander“ und das tatsächliche Durchdringen der Bezüge prägen das Ganze.
Das Bildwerk „Der Nino-Hochbau in schwerem Sturm“ beispielsweise basiert auf einer eigenen Fotografie des Gebäudes, die digital mit dem bewegten Himmel aus einem Gemälde des niederländischen Meisters Ruisdael erweitert und von einer Isobarenkarte eines schweren Turmtiefs überlagert wird. Zudem bestimmt die Übermalung des Bildganzen das bildnerische Konglomerat. Weiter Motive dieser Serie bilden für Nordhorn typische Gebäude aus der Weimarer Zeit: das Nordhorner Gymnasium, das Marienkrankenhaus, die Nino-Verwaltung, das Rawe-Gelände sowie die Fassade des Manz-Baus.
Der dritte Werkblock setzt sich mit diversen Ansichten aus der Grafschaft Bentheim auseinander. Ich habe mit einer 6×6 Rollfilm Kamera zwölf Motive in der Grafschaft fotografiert, die für mich persönlich von Bedeutung sind. Diese Fotos bildeten die Grundlage für 12 Malereien, die in gegenstandsfreier Form der je spezifischen Aura dieser unterschiedlichen Orte nachspüren und sie verdichten.
Von Feldern in Veldhausen, lebendigen Höfen im Industriegebiet Blanke, dem Rathaus, der Volksbank an der Bahnhofstraße, Waldrändern in Brandlecht und der Erntezeit in Hestrup erzählen diese Bilder, ohne aber konkret zu werden. In diesem Teil der Arbeit zu den neuen Blicken auf Nordhorn/Grafschaft Bentheim steht die individuelle Sicht und die damit verbundene emotionale Disposition auf eben das Sujet „Lebenswelt“ im Vordergrund und erscheint indifferent und verschwommen. Gerade diese Unbestimmtheit jenseits von Sprache wird durch die Malerei eröffnet, vermag zu bereichern und bildet als zusammenhängender Werkblock einen individuell geprägten Blick auf Nordhorn und die Grafschaft Bentheim. Im Anhang befinden sich die zwölf Fotographien, die als Grundlage für dieses Projekt angefertigt wurden.
Der dritte Werkblock setzt sich mit diversen Ansichten aus der Grafschaft Bentheim auseinander. Ich habe mit einer 6×6 Rollfilm Kamera zwölf Motive in der Grafschaft fotografiert, die für mich persönlich von Bedeutung sind. Diese Fotos bildeten die Grundlage für 12 Malereien, die in gegenstandsfreier Form der je spezifischen Aura dieser unterschiedlichen Orte nachspüren und sie verdichten.
Von Feldern in Veldhausen, lebendigen Höfen im Industriegebiet Blanke, dem Rathaus, der Volksbank an der Bahnhofstraße, Waldrändern in Brandlecht und der Erntezeit in Hestrup erzählen diese Bilder, ohne aber konkret zu werden. In diesem Teil der Arbeit zu den neuen Blicken auf Nordhorn/Grafschaft Bentheim steht die individuelle Sicht und die damit verbundene emotionale Disposition auf eben das Sujet „Lebenswelt“ im Vordergrund und erscheint indifferent und verschwommen. Gerade diese Unbestimmtheit jenseits von Sprache wird durch die Malerei eröffnet, vermag zu bereichern und bildet als zusammenhängender Werkblock einen individuell geprägten Blick auf Nordhorn und die Grafschaft Bentheim. Im Anhang befinden sich die zwölf Fotographien, die als Grundlage für dieses Projekt angefertigt wurden.